Erste Hilfe im Traumafall

Man mag vom deutschen Gesundheitssystem halten was man will, eines jedoch ist sicher: Eine rasche medizinische Hilfe für Opfer von Unfällen, Gewalttaten und sonstigen plötzlich auftretenden akuten gesundheitlichen Problemen ist gewährleistet und funktioniert, im Weltmaßstab betrachtet, ziemlich vorbildlich. Ebenso die anschließende Behandlung der entstandenen körperlichen Schäden im Krankenhaus.

Die Betonung liegt dabei auf körperlich – bei psychischen Problemen im Anschluss an Gewalttaten oder Unfällen sieht die Sache schon anders aus. Für viele Betroffene aber zieht die erlebte Extremsituation im Zuge solcher Ereignisse einige Probleme nach sich: Schlafstörungen, Nervosität,  Überreiztheit und Hypersensibilität sowie daraus resultierende Schwierigkeiten am Arbeitsplatz oder in der Familie. All das sind Anzeichen für eine posttraumatische Belastungsstörung. Dabei müssen die Betroffenen noch nicht einmal selbst Primäropfer eines Unfalls oder eines Verbrechens sein: auch Verkäuferinnen, die überfallen wurden, Polizisten, die ihre erste Leiche im Dienst gesehen haben, Lokführer, denen ein Selbstmörder vor den Zug gesprungen ist, oder Einsatzkräfte von THW oder des ADAC, die bei schweren Verkehrsunfällen vor Ort sind, können betroffen sein.

 

Anlaufstelle Traumaambulanz

Bei all diesen Fällen können Traumaambulanzen eine erste Anlaufstelle für die Betroffenen sein. Hier leisten Therapeuten sozusagen erste Hilfe bei der Aufarbeitung des Erlebten. Je schneller das nach einem entspre-chenden Vorfall geschieht, desto größer ist die Chance auf eine schnelle Genesung. Bei vielen reichen schon wenige Therapiestunden in der Traumaambulanz und sie können danach zum Alltag zurückkehren. Wird damit jedoch Wochen oder gar Monate gewartet, werden die Leiden eher chronisch und münden oft in Arbeitsunfähigkeit.

 

Netz der Traumaambulanzen noch sehr lückenhaft

Doch das Netz der Traumaambulanzen in Deutschland ist bislang mehr als lückenhaft. Nordrhein-Westfalen gilt als vorbildlich bei deren Aufbau, in anderen Bundesländern, besonders im Osten Deutschlands, fehlen solche Angebote immer noch weitgehend. Dabei sollte rein rechtlich die Versorgungslücke seit Jahren geschlossen sein.

Nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) besitzen Opfer von Straf- oder Gewalttaten einen Anspruch auf therapeutische Behandlung und schon vor Jahren verpflichtete der Bund die Länder dazu, Traumaambulanzen einzurichten. Mittlerweile geht es in dieser Hinsicht ein wenig voran, wenn auch nur in kleinen Schritten. Einige Länder haben in den Aufbau von einigen wenigen Zentren investiert. Doch das ist bislang immer noch zu wenig. Der Weiße Ring, der wichtigste Verband zur Unterstützung von Gewaltopfern, fordert deswegen dringend ein flächendeckendes Netz von Traumaambulanzen in ganz Deutschland.

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